Der Lernweg: Wie man kompetent wird - auch du

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Kompetent sein, das will ja irgendwie jeder und am liebsten sofort. Aber wie kommen wir da hin? Kurz gesagt: In vier Schritten. Auf Stufe vier sind wir kompetent. Du auch.

„Man, ich kriege das immer noch nicht hin.“
Das höre ich manchmal von Teilnehmern an meinen Seminaren. Wenn wir zwei Tage lang trainiert haben und am Ende klappt noch nicht alles aus dem ff.
Dann muss ich immer ein bisschen lächeln, weil das natürlich ganz normal ist. Es ist normal, dass wir Dinge nicht einmal lernen und sie dann sofort umsetzen können.

Das gilt vom Autofahren über spanische Grammatik bis hin zur Blinddarm-Operation. Und eben auch für Körperhaltungen, Kommunikation und Denkweisen.
Lernen funktioniert in vier Stufen. Und die stelle ich euch heute vor.

Die erste Stufe ist die unbewusste Inkompetenz.
Unbewusste Inkompetenz heißt: Ich kann etwas nicht und ich weiß nicht, dass ich es nicht kann.

Beispiel:
Ich bin in Baden-Württemberg aufgewachsen und hatte als Kind und Jugendliche einen leicht schwäbischen Einschlag.
Dann bin ich zu meiner Ausbildung zur Radioredakteurin nach Hessen gezogen.
Dort hatte ich einen Sprechtrainer, Hanno. Und Hanno war der erste Mensch, der mich darauf hingewiesen hat, dass ich das S nicht stimmhaft ausspreche.
Bis ich 19 war und meine Ausbildung angefangen hab, hatte ich keine Ahnung, dass es ein stimmhaftes S überhaupt gibt.
Bis dahin war ich auf der Stufe der unbewussten Inkompetenz.
Es gibt ein stimmhaftes S, ich wusste es nicht und ich wusste auch nicht, dass ich es nicht wusste. Das ist die erste Phase des Lernens.

Wir alle sind in unzähligen Bereichen des Lebens auf der Stufe der unbewussten Inkompetenz. Ich auch. Ich kann dir nur leider nicht sagen, in welchen, weil: ... Ich weiß es ja nicht.

Stufe zwei.
Jetzt kommt Hanno wieder ins Spiel.
Mein Sprechtrainer hat mir erklärt, dass es ein stimmhaftes S gibt. Ich habe also etwas Neues gelernt. Dadurch verlasse ich die Stufe der unbewussten Inkompetenz. Ob ich will oder nicht. Ich bekomme eine neue Information, einen Impuls. Und dadurch lande ich im Bereich der bewussten Inkompetenz.

In meinem Fall also: Ich weiß jetzt, es gibt ein stimmhaftes S. Damit kann ich das aber noch lange nicht aussprechen oder richtig einsetzen.

Auf dieser Stufe bin ich immer noch inkompetent. Nur dass ich das jetzt auch weiß. Jetzt wird das Unwissen spürbar. Unangenehme Phase. Weil ich jetzt weiß, dass ich nichts weiß.

Zum Glück gibt es aber noch eine nächste Stufe. Diese Stufe heißt dann: die bewusste Kompetenz.
Da komme ich hin, indem ich etwas Neues lerne.

Hanno hat mit beigebracht: Wie setze ich das stimmhafte S richtig ein? Wie bilde ich das überhaupt im Mund? Wo gehört's hin und wo nicht?

Jetzt habe ich eine Lösung. Neues Wissen. Muss aber ganz konzentriert arbeiten, mich immer wieder daran erinnern, immer wieder neu entscheiden, es auch einzusetzen. Es ist noch nicht leicht oder selbstverständlich. Und hier machen wir viele Fehler.

Ich habe jetzt eine Kompetenz, aber eben eine, für die ich mein Bewusstsein brauche.
In diese Phase kommen viele Leute in meinen Trainings. Sie lernen was Neues, aber es ist noch nicht leicht, noch nicht selbstverständlich.

Manche geben in dieser Phase auch auf, weil sie sagen: Das kriege ich sowieso nicht hin. Oder: Es ist auch so okay, wie ich es vorher gemacht habe.

Achtung! Das ist ein Trick unseres Gehirns, um uns Arbeit zu ersparen. Sollten wir nicht drauf hören. ...
Stattdessen geht es jetzt darum zu üben. Und zu üben und zu üben und zu üben.
Ja, das ist anstrengend. Das hat die Phase der bewussten Kompetenz so an sich.
Aber es ist auch aufregend und schön.

Die bewusste Kompetenz ist Phase drei. Wenn ich hier dranbleibe, komme ich auf die vierte Stufe. Und da sind wir wirklich kompetent.

Stufe vier ist die unbewusste Kompetenz.

Irgendwann konnte ich das S richtig einzusetzen. Ohne noch darüber nachdenken zu müssen. Mittlerweile ist es für mich ganz normal, das stimmhafte S zu benutzen. Ich merke das gar nicht mehr.

In der unbewussten Kompetenz sind wir angekommen, wenn wir Dinge einfach machen und richtig machen, ohne drüber nachzudenken.
Und das ist eine wunderschöne Phase. Wir haben etwas Neues gelernt. Es fällt uns leicht. Es ist Teil unseres natürlichen Verhaltens. Es ist selbstverständlich. Und im Unterbewusstsein angekommen.

Über diesen Lernweg schreibe ich auch in meinem Buch "Wie Haltung unser Leben verändert". Im letzten Kapitel über den Kopf. In meinem Buch gebe ich jede Menge Tipps für Körpersprache und innere Haltung. Und mir war sehr wichtig, zum Ende diesen Punkt zu machen. Zu erklären: Es braucht seine Zeit.

Also: Gib nicht auf, falls du gerade in der Phase der bewussten Inkompetenz oder der bewussten Kompetenz bist! Ich weiß, das ist anstrengend. Und: Es gibt keinen anderen Weg zur Kompetenz als darüber. Bleib dran! Sei gnädig mit dir selbst. Und irgendwann wirst du belohnt. Durch unbewusste Kompetenz.

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