Kaum ein Mensch in Österreich hat sein Leben so sehr damit verbracht, seinen Sinn für das Schöne in Kunst, Literatur und im Leben zu schärfen wie Michael Köhlmeier. Was ist das, das Schöne? Ein deep dive.
Mein Gast:
Michael Köhlmeier ist einer der bekanntesten Literaten Österreichs. Köhlmeier wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. 2017 mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie mit dem dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für sein Gesamtwerk.
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Ich hatte Michael Köhlmeier zu Gast, einen der interessantesten und belesensten Menschen Österreichs. Wir haben eine Stunde lang über Kunst, Literatur und Schönheit gesprochen. Ein Thread. 🧵
Für Köhlmeier ist Kunst der "Mut zum Leben". Aber was heißt das? Und wie findet man selbst einen Zugang dazu?
Köhlmeier meint: Das Schöne entsteht, wenn jemand es schafft, etwas Alltägliches so darzustellen, dass man es wie zum ersten Mal sieht. Eine zerknüllte Zigarettenschachtel kann plötzlich die ganze Welt enthalten.
Ist das Schöne rein subjektiv? Nein, meint Köhlmeier. Wir sind nicht so unterschiedlich, dass es keine Übereinstimmungen gäbe. Aber ein objektives Messgerät für Qualität in der Kunst? Das gibt es nicht.
Köhlmeier warnt vor der Verquickung von Moral und Ästhetik. Er findet es "fatal", wenn Kunst primär moralische Botschaften vermitteln soll. "Schön sein genügt", zitiert er den Schriftsteller Bodo Hell.
Wie findet man Zugang zur Kunst? Köhlmeiers Rat: Selbst kreativ werden. "Ich glaube, der beste Weg, der einzige vielleicht, ja nicht, aber der Königsweg ist, selbst Kunst zu machen."
Er erzählt von seinem Sohn, der als Kind vor Picassos "Ziege" im MoMA stand, sein Herz klopfen spürte und sagte: "Das darf man machen?" Dieser unmittelbare Zugang zur Kunst, diese Begeisterung - das ist es, was zählt.
Köhlmeier ist skeptisch gegenüber Künstlern, die ihre Werke erklären müssen. "Wenn du meinst, das Kunstwerk benötigt dich, dann musst du dich halt hinstellen während der ganzen Zeit." Kunst sollte für sich selbst sprechen.
Was bedeutet es, Kunst zu verstehen? Köhlmeier: "Wenn ein Kunstwerk ein Rätsel bleibt. Wenn ich Zuflucht nehmen kann [...] Wenn Kunst Trost verleihen kann, dann hat man sie verstanden."
Zum Schluss noch ein faszinierender Gedanke: "Wahrscheinlich glaubt jeder Künstler an den lieben Gott. Und zwar an den lieben, nicht an den großen. Also an den kindlichen, dem man gar nicht zutraut, dass er das Universum gemacht hat."
00:00:00 Intro
00:01:18 Einführung
00:03:06 Lesung: erstes Kapitel "Begeisterungen"
00:12:30 Das Schöne im Leben
00:16:57 Ist Schönheit subjektiv und zeitlos?
00:28:12 Zugang zu Kunst finden
00:41:55 "Es" schreibt, malt und musiziert
42:40 Du musst nicht jedem gefallen!
48:25 Geht es um das Tun oder das Schaffen?
01:06:00 Wie wichtig sind Social Media und Schule für Kunst?
01:06:05 Identität und Kunst
01:23:07 Muss man Kunst erklären?
01:26:15 Erneuerung der Sprache
01:31:08 Der Wille zur Form
01:40:10 Was nehme ich mir mit?
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