Erbschaftssteuer: Unsoziale Folgen für den Wohnungsmarkt | Kontrovers | BR24

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Wer eine Immobilie erbt, muss seit diesem Jahr mancherorts eine deutlich höhere Steuer zahlen. Einige Erben geben die Mehrkosten an ihre Mieter weiter. Die Bundesregierung will das verhindern, findet aber keine Lösung. Und selbst bestehende Ausnahmen von der Steuer, um Härtefälle zu vermeiden, funktionieren in der Praxis nicht wie Kontrovers-Recherchen zeigen.

24 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter, damit liegt der Stadtteil Haidhausen über dem durchschnittlichen Mietspiegel der Stadt München. Hier lebt Laura Hayden mit ihrer Familie in einem Mehrfamilienhaus – und das zu einer sehr humanen Miete, wie sie sagt, vor allem im Vergleich zu den üblichen Mieten. Doch wie lange noch? Ihr Vermieter Wolfgang Donhärl hat das Haus geerbt – und muss hohe Erbschaftssteuern zahlen.

Das Problem: Das Finanzamt unterscheide nicht, ob er als Erbe bestehende Wohnungen zu einem fairen Preis weitervermiete oder über Baugrund verfüge, erklärt Donhärl. Und weil der Wert für solchen Baugrund gerade in München extrem gestiegen ist, sind laut dem Vermieter eine Million Euro als Erbschaftssteuer fällig geworden.

Mieterhöhung um 30 Prozent
Die Folge: Donhärl musste einen Kredit aufnehmen, um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können. Die Mieten hat er inzwischen um insgesamt 30 Prozent erhöht. Dabei konnte sich Laura Hayden und ihre Familie die Wohnung nur dank des sehr humanen Preises ihres Vermieters leisten, wie sie gegenüber Kontrovers erklärt.

Bezahlbare Wohnungen gehen verloren
Ende 2022 beschließt der Bundestag, Grundstücke und Immobilien neu und damit mancherorts deutlich wertvoller bewerten zu lassen, um die Erbschaftssteuer auf einer aktuellen Grundlage berechnen zu können. Dort, wo die Preise in den letzten Jahren stark gestiegen sind, erhöht sich die Erbschaftssteuer teils erheblich. Dieter Reiter, SPD, Oberbürgermeister der Stadt München, fordert Ausnahmeregelungen: "Wir müssen uns was einfallen lassen, nicht wir, sondern die Bundesregierung, wie wir damit umgehen, dass wir nicht durch den Prozess des Erbens/Vererbens bezahlbare Wohnungen verlieren. Das kann nicht sein. Da muss es irgendwelche Ausnahmeregelungen geben."

Privilegien für soziale Vermieter nötig
Der Mieterverein München hat einen konkreten Vorschlag für eine Ausnahmeregelung, die soziale Vermieter schützt: Die Vorsitzende Beatrix Zurek wirbt für eine Befreiung von der Erbschaftsteuer, wenn die Eigentümer unter dem ortsüblichen Niveau vermieten. Privilegien für soziale Vermieter zum Schutz für Mieter also.

Dass Ausnahmeregelungen grundsätzlich möglich sind, zeigt das Familienheim-Privileg für Erben. Doch auch hier gibt es Probleme. Das Privileg greift, wenn der Erbe mindestens für zehn Jahre die Wohnung oder das Haus der Eltern selbst bezieht. Also eigentlich auch im Fall von Stefan Lutz. Er lebt von Geburt an in seinem Elternhaus in München Trudering. Dort hat er vor vielen Jahren seine eigene Familie gegründet, wohnt im 1. Stock. 2017 erbt er das Haus komplett. Seitdem streitet er sich mit dem Finanzamt – wegen der Erbschaftssteuer

Über 300.000 Euro soll der 60-Jährige zahlen. Und das, obwohl ihm die Politik etwas anderes zusagt: "Die Übertragung selbst genutzter Immobilien bis 200 Quadratmeter Wohnfläche ist sowieso steuerfrei. Die Immobilie kann 2,5 Millionen Euro kosten, ich kann, wenn ich da selber einziehe, die steuerfrei übernehmen", sagt Tim Klüssendorf, Bundestagsabgeordneter und Experte der SPD für Erbschaftssteuer. "Niemand hier will Omas Häuschen wegnehmen. Wir schützen das hart erarbeitete Wohneigentum", so der Politiker.

Aber was sagt der Abgeordnete zum Fall von Stefan Lutz? Kontrovers-Reporter zeigen ihm die Steuerunterlagen. Der Politiker ist überrascht. Und räumt Nachholbedarf ein: "Was mich ein bisschen ärgert ist, dass tatsächlich dann wieder einmal die Erbschaftsteuer in den Ruf kommt, dass es uns um die kleinen Vermögen geht."

Genau diesen Eindruck hat Stefan Lutz. Er soll Erbschaftssteuer zahlen, weil er nicht schnell genug die Zimmer seiner verstorbenen Mutter im Erdgeschoss bezogen haben soll. Setzen die Ämter im Freistaat das "Familienheim-Privileg" nicht richtig um?

Nachfrage beim obersten Dienstherren der Bayerischen Finanzbehörden.
Finanzminister Albert Füracker betont, dass er den Einzelfall nicht kenne und verweist auf den Bund. Der gesetzliche Rahmen für die Arbeit der Finanzämter werde in Berlin gesetzt, so Füracker im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers. Er wolle insgesamt eine Reduktion der Erbschaftssteuer erreichen, um soziale Mieten weiter zu ermöglichen. Füracker kündigt auch deshalb eine Klage gegen die Erbschaftssteuer in ihrer jetzigen Form an. Währenddessen geht für Stefan Lutz der Streit mit dem Finanzamt weiter. Dabei möchte er mit seinem Erbe nur bleiben, wo er ist.

Autoren: Mira Barthelmann, Ulrich Hagmann

Aus der Sendung vom 15.2.23

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