Goethe’s 🍋 Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen?

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Mignon Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe

Mignon (Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?) ist der Titel des Gedichts von Johann Wolfgang von Goethe, das zuerst in Wilhelm Meisters theatralischer Sendung und später in den Lehrjahren gedruckt wurde. Es gehört zu den berühmtesten Gedichten deutscher Sprache und besingt die unter Deutschen verbreitete Italiensehnsucht. Die eingängigen und schönen Verse regten bereits zu Lebzeiten Goethes Umdichtungen, Anspielungen und Parodien an und wurden vielfach vertont.

Der Rhythmus der ersten vier Verse jeder Strophe ist durch den gleichmäßigen Jambischer Fünfheber geprägt. Die Struktur des mit zwei Paarreimen beginnenden Reimschemas erscheint übersichtlich. Dieser Gleichlauf wird in der zwei folgenden Zeilen mit der plötzlichen Frage „Kennst Du es wohl?“ und dem Anruf „Dahin!, Dahin“ unterbrochen und schwingt in einem abschließenden, ebenfalls fünfhebigen Vers aus, dem Wunsch Mignons, mit ihrem „Geliebten“, „Beschützer“ und „Vater“ in das ersehnte Land zu ziehen.

Das Gedicht:

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht’ ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn!

Kennst du das Haus? auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht’ ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg,
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut,
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut:
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg; o Vater, laß uns ziehn

DEUTUNG:
Die vier Mignon-Lieder verdanken ihre Popularität auch dem rätselhaften und androgynen Wesen der jungen, von Wilhelm freigekauften Sängerin Mignon. Sehnsüchtig von Liebe und Heimat singend, Tod und Schicksal andeutend, vertiefen sie die Bedeutungsebene des epischen Vortrags.

Zunächst ziehen die Bilder des ersehnten Landes mit seinen Früchten und Farben vorüber, seinem Licht und sanften Wind, beleuchten dann typische Elemente der Baukunst und zeigen schließlich Gefahren und unheimliche Bedrohungen des nebligen Berges in der dritten Strophe. Die im zweiten Vers anklingenden Säulen und Marmorbilder besang Goethe etwas später in den Römischen Elegien; die dritte Strophe deutet auf die Schwierigkeiten der Alpenüberquerung, von der Goethe aus eigener Anschauung berichten konnte, hatte er doch vom Gotthardpass aus zweimal nach Italien geblickt, war dann aber wieder umgekehrt.

Die zweite Strophe überrascht mit einer persönlichen Note, die sich unter die Motive und Bilder mischt und einen geheimnisvollen Zusammenhang andeutet: „Und Marmorbilder stehn und sehn mich an: / Was hat man dir, du armes Kind, getan?“ Mehrfach griff Goethe diese Nuance im Verlauf des Romans wieder auf, um den kurzen Lebens- und Leidensweg Mignons zu spiegeln, etwa als Wilhelm sich an die „mitleidigen Marmorbilder in Mignons Lied“ erinnert, der Marchese nach Mignons Tod von den „Säulen und Statuen“ spricht oder berichtet wird, wie das Kind sich nach längerem Ausbleiben „unter die Säulen des Portals vor einem Landhause“ zu setzen pflegte, auf den Stufen ausruhte oder im Saal die Statuen betrachtete.

Peter von Matt erscheint das Lied geordneter als es tatsächlich ist und von einer vordergründigen Regelmäßigkeit geprägt, die bald in bedrohliche Ambivalenz übergeht. Mit den Parallelen und Wiederholungen, dem dreifachen Anwachsen der Fragen, die unbeantwortet bleiben und denen nur Leerstellen auf dem Papier folgen sowie dem präzise geplanten Schluss könne es in jedem Lehrbuch der Rhetorik stehen. Die betörend schöne Landschaft der ersten Strophe sei eine Zukunftsvision Mignons von sich als erwachsene Frau, die sich ihres Geliebten sicher sei. Der antike Sinn der Bilder in der vierten Zeile erschließe sich mit Blick auf die griechische Mythologie: Die Myrte stehe dem männlichen Lorbeer gegenüber; als Pflanze Aphrodites sei sie der keuschen Artemis verhasst und deute auf das Ende der Jungfräulichkeit. Ein dramatischer Bezug dazu zeigt sich ihm in der dritten Strophe, die mit ihren Bildern auf gefährliche Rituale und Initiationen deutet, mit denen in archaischen Gesellschaften der rechtliche Aufstieg in die Welt der Erwachsenen verbunden war. Mussten dort Jugendliche gefährliche Proben bestehen, in Wasser getaucht, in der Wildnis ausgesetzt oder symbolisch von einem Ungeheuer verschlungen werden, zeigt sich hier der Pfad über den Gotthard als zweite Geburt: Mignon sucht aus ihrem Leiden den Übergang in ein neues und vollkommenes Dasein. (...)

Quelle: Wikipedia

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