Alle Jahre wieder kommt das Christuskind. Alle Jahre wieder feiern wir Weihnachten. Und alle Jahre wieder arten die Feiertage an allen Fronten in puren Stress und verzweifelte Familienfreude aus, vom Adventsfenster bis zur Gänsekeule, von der Krippenspielprobe bis zum Neujahrsbrunch.
Wir sind gestresst – aber wie haben eigentlich Maria und Josef, Elisabeth und Zacharias, die Hirten von Betlehem oder die Schriftgelehrten aus Jerusalem das erste Weihnachtsfest gefeiert? Was bedeutet für sie die Geburt des Messias? Anders gefragt: Was hat sich durch Weihnachten verändert im Glauben der Freunde und Jünger Jesu, wie war das für Johannes, Andreas und Petrus? Gottes Sohn wird Mensch, Jesus von Nazaret ist das göttliche Wort, das unser Fleisch angenommen hat – was hieß das konkret für Maria Magdalena, Susanna, Salome, Lazarus und Johanna?
Wenn in diesen Tagen für uns wieder etwas Ruhe einkehrt, gibt uns die Kirche am zweiten Sonntag nach Weihnachten die Gelegenheit, im Übergang von der weihnachtlichen Festfolge in die Zeit des Jahreskreises eine Antwort auf diese Frage zu finden. Sie kreist um das weihnachtliche Geheimnis, das sich im Fest der Erscheinung des Herrn und bei seiner Taufe im Jordan entfaltet und sich dann in neuen Anfängen fortsetzt, beim ersten Wunder bei der Hochzeit zu Kana und bei der ersten öffentlichen Predigt Jesu in der Synagoge von Nazaret.
Wenn wir eines wissen von den Freunden und Jüngern Jesu, von seinen Eltern, von den Aposteln und Johannes dem Täufer, wenn wir eines wissen über diese frommen Juden, die den Glauben ernst genommen und praktiziert haben, denen bloße Lippenbekenntnisse fremd waren, dann ist es ihre gemeinsame Überzeugung, die sie mit ganz Israel teilen: Gott, der Herr und Schöpfer, der Allgewaltige, Allheilige, der unfassbare Urgrund allen Seins – Gott, der Allmächtige, der ganz anders ist als all die lächerlichen und menschengemachten, selbstausgedachten Götter und Götzen der Heiden, dieser lebendige und gewaltige Gott Israels, hat sich seinem auserwählten Volk offenbart als Immanuel, als Nobiscum-Deus, als Gott-mit-uns. Israels Gott geht mit. Seine Gegenwart ist machtvoll und weithin sichtbar: In grauer Vorzeit, als das Volk aus den zwölf Stämmen langsam zusammenwuchs zu einer Nation, als Mose die Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei hinausführte in die große Freiheit des Bundes, da war dieser Gott der Freiheit gegenwärtig in einer mächtigen Rauch- und Feuersäule, Wegzeichen und Wegbegleiter zugleich, Schutz und Schirm. Als Mose auf dem Berg Horeb vor das Angesicht Gottes treten durfte, verbarg die Wolke die Herrlichkeit des Herrn. Und als Mose aus der Wolke wieder heraustrat, trug er die beiden Steintafeln mit den Zehn Worten, den Zehn Geboten, die Lebensquell und Grundlage des Bundes sind, den Gott mit seinem auserwählten Volk schließt. Gott ist der Immanuel, der Nobiscum-Deus, der Gott-mit-uns. Seine Gegenwart wird sichtbar – aber nicht in einem Bild oder einer Figur, wie bei den anderen Völkern. Nein, ein solches Götzenbild wird ausdrücklich verboten, der gewaltige Gott ist nicht gegenwärtig in seinem Bild, sondern in seinem Wort. Das göttliche Wort, die Schrift ist das Medium der Gegenwart des Gottes, der mitgeht. Die Tafeln mit den Zehn Worten werden als Unterpfand des Bundes in der Bundeslade mitgetragen, die in den Jahrzehnten der Wüstenzeit in einem mobilen Heiligtum, der Stiftshütte, aufgestellt wird. Die Anfertigung der Bundeslade und des Heiligtums wird genau und detailreich festgelegt und offenbart: der Kult, der Gottesdienst, die Feier der Gegenwart Gottes, seine Anbetung und Verehrung unterliegen nicht menschlich-modischem Alltagsgeschmack. Gottes-Dienst dient nicht der Unterhaltung, auch nicht der Belehrung, er ist Liturgie und Kult, Dienst am höchsten Gott. So wird Gemeinschaft möglich, auf diese Weise können sich Himmel und Erde berühren, hier öffnet sich die Quelle des Lebens und des Heils, aus der alle schöpfen dürfen. Hier zeigt sich das Angesicht des Schöpfers, das Leben überhaupt möglich macht, vor dem man Auf- und Durchatmen und wachsen und sich entfalten kann im Freiheitsraum seiner Liebe. Es zeigt sich nicht in einem gemalten Bild, nicht in einer Figur aus Stein oder Metall. Auf der Bundeslade liegt oben eine goldene Platte mit der Darstellung zweier Engel, der Kerubim. Sie bildet den Thron Jahwes, den Schemel seiner Füße. Hier berührt der Himmel wirklich die Erde. Hier geht der gewaltige Gott tatsächlich mit, voll Heil und Erbarmen, voll leidenschaftlicher Liebe, mit der er unermüdlich und einfallsreich in jeder Generation von neuem um die Liebe des Menschen wirbt, um sein Ja, um seine Antwort im Glauben ...
Информация по комментариям в разработке