Am westlichen Stadtrand Lippstadts, direkt an der vielgenutzten Beckumer Straße, wurde 1951/52 die Pfarrkirche St. Antonius v. Padua von der Muttergemeinde St. Elisabeth errichtet. In der Größe bescheiden, duckt sie sich zur Seite und wird meist nur im „Vorbeifahren“ wahrgenommen. Im Detail zeigt sie sich jedoch als reich gegliederter Baukörper. Die Pläne zeichnete Dom- und Diözesanbaumeister Kurt Matern. Materns Kirchbauten waren vor dem zweiten Weltkrieg dem Expressionismus verpflichtet, St. Antonius jedoch zeigt, vor allem im Turmbereich, Anklänge an den Bauhaus-Stil.
Das Innere wird geprägt durch den teils ungewohnt realistisch gestalteten Fensterzyklus von Alexander Arens, 1994, sowie vom großen Christusmosaik mit den Evangelistensymbolen und 12 Kronen für die Apostel, geschaffen vom Lippstädter Künstler Bernhard Gohla. Gott sei Dank ist diese Darstellung, samt dem originalen Tabernakel, erhalten und wurde bei einer großen Renovierung der Kirche 1994 nicht dem Modernisierungswahn geopfert. Das eingefügte S/W-Foto zeigt die ursprüngliche Ansicht mit dem früheren Altar.
1951 erhielt St. Antonius auf Zuteilung der Fuldaer Bischofskonferenz 4 Glocken vom Hamburger Glockenfriedhof. Die drei großen Barockglocken bildeten zuvor das Geläut der St. Vinzenz-Kirche zu Breslau.
1994 wurde auch das Geläut der Kirche einer durchgreifenden Sanierung unterzogen. Sämtliche Glocken wurden durch Aufschweißen der Schlagringe runderneuert, bei den Gl. 2+3 die Kronen restauriert, bei der Kleppglocke wurde auch die Haube ausgebessert. Das Geläut erhielt einen formschönen Holzglockenstuhl und neue Holzjoche. Die drei großen Glocken zeigen reiche, barocke Zier und sind von erstaunlich fülligem Klang.
Die bis dahin für sich stehende Kleppglocke wurde mit zwei Bronzeglöckchen zu einem Zimbelgeläut ergänzt. Aufgrund der Leichtrippigkeit bietet sich hier jedoch nicht der gewohnt komfortable Gesang schwerer Zimbelgeläute, die drei Glocken wirken zusammen eher wie ein Geläut in einem zusätzlichen Dachreiter. Trotz der vermeintlichen Klangschwäche bringen sie feine Schwebungen und Reibungen ins Vollgeläut, welches in dieser Art und Zusammensetzung einmalig sein dürfte.
Geläutedaten:
1. Maria
es‘ -2,5, 1370 mm, 1305 kg (1705 kg nach Stens, s.u.)
2. Vincentius
g‘ +5, 1105 mm, 835 kg
3. Augustinus
b‘ +9, 896 mm, 434 kg
4. Christus (mit Durterz)
b‘‘ +2, 422 mm, 53 kg (50 kg nach Stens, s. u.)
5. Kleppglocke
c‘‘ -2, 355 mm, 27 kg
6. Frieden (mit Unterseptime)
d‘‘‘ =0, 321 mm, 21 kg (18 kg nach Stens, s. u.)
Glocken 1-3: Gottfried Schnelrad und Sebastian Gerstner, Breslau 1746
Glocke5: Unbezeichnet, 1734
Glocken 4+6: Karlsruher Glocken- und Kunstgießerei Gebr. Metz, Karin Schneider-Andris, 1994
Aufnahme: Pfingstmontag, 10.06.2019, im Rahmen eines Sondergeläutes.
Nahfotos der Zimbelglocken: M. Braun.
S/W-Foto: Quelle s. u.
Alle anderen Fotos eigener Provenienz.
Dank zu sagen ist dem leitenden Pfarrer des Pastoralverbundes für die Erlaubnis zu Sondergeläut und Turmbegehung, vor allem aber der freundlichen Küsterin für ihre Zeit und die reichen Erläuterungen.
Genutzte Quellen/Literatur:
Heimatbund Lippstadt (Hrsg.): Jan Hendrik Stens: Glocken-Landschaft Lippstadt, CD und Begleitheft, CUE Sound Service Albersloh, 1999, S. 7-8.
Kurt Kramer (Hrsg.): Die deutschen Glockenlandschaften/Westfalen, bearbeitet von Dr. Claus Peter, MC und Begleitheft, Deutscher Kunstverlag München, 1989.
Dr. K. Bund + J. Poettgen (Hrsg.): Jahrbuch für Glockenkunde, 5.-6. Band 1993/94, Deutsches Glockenmuseum (ehemals „auf Burg Greifenstein“) e. V., 1995, darin: Dr. Gerd Best + Theo Halekotte: Glockengüsse und Geläuterenovierungen im Erzbistum Paderborn in den Jahren 1977 bis 1994, S. 188-199.
KG St. Antonius Lippstadt (Hrsg.): M. Nowotny: Katholische Pfarrkirche St. Antonius von Padua in Lippstadt, Beckumer Straße (Kirchenführer), Lippstadt, o. J. (nach 2002)
Verein für christliche Kunst im Erzbistum Paderborn/Dr. Wilhelm Tack (Hrsgb.): Alte und neue Kunst im Erzbistum Paderborn, Band 2, Bonifacius-Druckerei Paderborn 1951/52, darin: Prof. Dr. A. Fuchs: Vom Kirchenbau und der Kirchenausstattung der Gegenwart im Erzbistum Paderborn, aus diesem Bericht auch das S/W-Foto des Hochaltares.
Heinrich Otten: Der Kirchenbau im Erzbistum Paderborn 1930-1975, Bonifatius GmbH Druck – Buch – Verlag Paderborn, 2009.
Информация по комментариям в разработке