Bildungsbericht 2024: Sozial benachteiligte Familien können Bedarfe seltener decken

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Susanne Kuger leitet die Auswertungen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) im Rahmen des Berichts „Bildung in Deutschland 2024“. Der Nationale Bildungsbericht bietet alle zwei Jahre eine systematische Bestandsaufnahme des gesamten deutschen Bildungswesens. Das DJI verantwortet die Themen Frühe Bildung, Ganztagsbildung und -betreuung im Schulalter und non-formale Lernwelten neben der Schule. Die Forschungsdirektorin des DJI stellt im Interview die wichtisten Ergebnisse des DJI im Bildungsberichts 2024 vor.

00:00 - 01:27 Elternbedarf und Angebote in der Kindertagesbetreung
01:28 - 02:46 Unterschiedliche Personalsituation in Ost- und Westdeutschland in der Frühen Bildung
02:47 - 04:40 Soziale Selektivität bei der Vergabe von Betreuungsplätzen
04:41 - 06:25 Herausforderungen durch sprachlichen und kulturelle Vielfalt
06:26 - 07:35 Systematische Erhebung der Sprachkompetenz von Kindern in Deutschland
07:36 - 08:30 System der Frühen Hilfen, um Ungleichheiten zu reduzieren
08:31 - 10:08 Sitaution von Angebot und Nachfrage im schulischen Ganztag
10:09 - 11:53 Personalsituation im schulischen Ganztag
11:54 - 12:29 Ungleichheiten bei der Platzvergabe im schulischen Ganztag
12:30 - 13:21 Ungerechtigkeiten auch beim Zugang zu außerschulischen Lernorten

Weitere Informationen finden Sie unter: www.bildungsbericht.de und www.dji.de/nationaler-bildungsbericht

Über 56.000 Kindertageseinrichtungen gibt es in Deutschland. Dies sind so viele wie noch nie. Zudem besuchen etwa 900.000 Kinder mehr als noch im Jahr 2006 ein Angebot der Frühen Bildung. Trotz dieses enormen Ausbaus können noch immer nicht alle Elternwünsche nach einem Platz erfüllt werden. Insbesondere bei den 1- und 2-Jährigen liegt der Elternbedarf deutlich über der Beteiligungsquote. Dies ist eines der Ergebnisse der Auswertungen des Deutschen Jugendinstituts (DJI) im Rahmen des Berichts „Bildung in Deutschland 2024“.

In Westdeutschland wird in den nächsten Jahren ein Ausbaubedarf an Plätzen in der Kindertagesbetreuung bestehen. Zur Bedarfsdeckung müssten bis zum Jahr 2035 zwischen 374.500 und 505.000 Plätze zusätzlich geschaffen werden. In Ostdeutschland fällt aufgrund demografischer Rückgänge und einer im Vergleich zu Westdeutschland geringeren Lücke zwischen vorhandenen und gewünschten Plätzen insgesamt höchstens ein Mehrbedarf von bis zu knapp 12.000 Plätzen an.

Wo Plätze Mangelware sind, entsteht Wettbewerb – in Deutschland mit Nachteilen für Familien mit Einwanderungsgeschichte, niedrigerem Bildungsabschluss und dort, wo Mütter nicht erwerbstätig sind. Kinder mit Migrationshintergrund sind in beiden Altersgruppen – also bei den unter 3-Jährigen als auch bei den 3- bis unter 6-Jährigen – in der Kindertagesbetreuung deutlich unterrepräsentiert. Neben einer geringeren Teilhabe an Früher Bildung unterscheiden sich auch familiale Bildungsprozesse je nach Einwanderungsgeschichte und elterlichen Bildungsabschlüssen. Dies zeigt sich etwa daran, dass diesen Kindern zuhause weniger vorgelesen wird.

Eine ähnliche soziale Selektivität zeigt sich beim außerschulischen Lernen etwa in Sportvereinen und Musikschulen sowie bei der Nutzung von Angeboten der Frühen Hilfen. Universelle Angebote wie Eltern-Kind-Gruppen werden weniger stark von formal niedrig gebildeten und armutsgefährdeten Familien genutzt. Dennoch haben diese Angebote positive Auswirkungen. „Mit aufsuchenden Hilfen, also dort, wo man auf die Familien zugeht, werden durchaus Eltern und Kinder erreicht, die sonst unter dem Radar fliegen und vielleicht verloren gehen würden“, erklärt Susanne Kuger.

Wie in der Kindertagesbetreuung, so gibt es auch bei der ganztägigen Betreuung von Grundschulkindern eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Auch wenn die Teilnahmequote an ganztägigen Angeboten im Grundschulalter auf 56 % im Schuljahr 2022/23 (2006/07: 21%) angestiegen ist, deckt das noch nicht den Bedarf der Eltern von Grundschulkindern an einem Platz in der ganztägigen Bildung und Betreuung. Dieser liegt 2023 deutschlandweit bei 64 %. Der Anteil der Eltern, deren Ganztagsbedarf nicht gedeckt werden konnte, lag 2022 im Westen höher (11 %) als im Osten (6 %).

Auch im Ganztag wird ein Fachkräftemangel beklagt. Einige Bundesländer entwickelten Qualifizierungs-, Weiter- oder Fortbildungsmaßnahmen für die Arbeit in diesem Bereich. Die Maßnahmen ersetzen laut Bildungsbericht jedoch keine vollqualifizierende Ausbildung. Geichzeitig entstehe eine Konkurrenzsituation zwischen dem frühpädagogischen und schulischen Bereich um das Personal.

Der Nationale Bildungsbericht erscheint zum zehnten Mal. Er bietet alle zwei Jahre eine systematische Bestandsaufnahme des gesamten deutschen Bildungswesens. Darin fließen Daten der amtlichen Statistik sowie groß angelegter, repräsentativer sozialwissenschaftlicher Surveys, am DJI beispielsweise die der Studien „Aufwachsen in Deutschland: Alltagswelten (AID:A)“, der Kinderbetreuungsstudie (KiBS) sowie „Entwicklung von Rahmenbedingungen in der Kindertagesbetreuung (ERiK)“, ein.

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