Forugh Farrochsad "Die Sünde" (1956) - Lesung, Essay siehe Beschreibung.

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Außerehelichen Sex bestraft das Regime im Iran mit Steinigung bis zum Tod. Wie überzeugt musste Forugh Farrochsad sein, als sie 1956 mit gerade 21 Jahren ihr Gedicht "Die Sünde" veröffentlichte und darin einen Ehebruch als lustvollen Akt aus der Sicht einer Frau beschrieb. Eine typisch todesmutige Provokation der heutigen "Ikone der Freiheit" des Iran. Was für eine bewundernswerte Frau.

Forugh Farrochhzad (1935 - 1967 in Teheran) gilt als einflussreichste Kämpferin gegen das iranische Patriarchat im 20. Jahrhundert. Und noch immer wird sie, die Ikone der Freiheit, im Iran zensiert. Denn nach wie vor unterdrückt das iranische Regime vor allem Frauen. Im Untergrund aber, auch unter den Hunderttausenden Demonstrantinnen und Demonstranten, kursieren Forugh Farrochhsads Texte.

Und ihre Texte, das sind: Gedichte. Sie war die erste Frau im Iran, die es wagte, offen über die weibliche Unfreiheit zu schreiben, über weibliche Liebe, weibliche Wollust und über Visionen einer freien iranischen Gesellschaft. Ihr Mut, dies gegen heftigste Anfeindungen ihr kurzes Leben lang zu tun, hat mich bei meinen Recherchen verblüfft. Der renommierte Übersetzer ihrer Lyrik, Kurt Scharf, berichtet von einem Interview, in dem Forugh Farrochsad sinngemäß äußerte: "Ich gehöre nicht zu den Menschen, die, wenn sie sehen, das sich jemand beim Versuch mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, verletzt, daraus den Schluss zieht, dass man nicht gegen Mauern anrennen darf." Im Gegenteil sagte sie: "Ich weigere mich, solange ich mir den Kopf nicht zerschlagen habe, eine Steinmauer zu akzeptieren."

Schon ihr erster Gedichtband war Mitte der 1950er Jahre eine literarische Provokation im Iran. Sie musste sich von ihrem Mann scheiden lassen. Kurt Scharf: "Der gemeinsame Sohn wurde ihrem Mann zugesprochen (...) er wurde so gegen seine Mutter eingenommen, dass er von sich aus jede Begegnung vermied." Unter den Schuldgefühlen ihrem Sohn gegenüber litt sie ihr Leben lang.

1956 erschien Forugh Farrochsads Gedicht "Die Sünde" in der iranischen Zeitschrift "Aufklärung" und provozierte damit einen erneuten öffentlichen Eklat. Kurt Scharf dazu: "(Die Sünde)... war das poetische Echo einer Liebesaffäre mit dem Herausgeber, von der die Dichterin später sagen sollte, sie sei die einzige in ihrem Leben, derer sie sich schäme und die sie bereue."

Welchen Todesmut und welches starke Statement die Dichterin aufbrachte, als sie "Die Sünde" veröffentlichte, zeigt ein Blick in die Gesetze des Iran: Während Ehebruch in den aufgeklärten Staaten der Welt eine Privatsache unter Verheirateten ist, wird im Iran bis heute die Todesstrafe durch Steinigung verhängt.

Forugh Farrochsad war in den 1960er Jahren auch preigekrönte Dokumentarfilmerin und Schauspielerin. 1967 wich sie im Teheraner Straßenverkehr einem Bus aus und fuhr - Ironie eines Heldinnenlebens - in eine Mauer. Der Unfall war tödlich. Forugh war erst 32 Jahre alt.

Heute, fast sechzig Jahre nach ihrem Tod, erscheinen ihr Leben in radikaler Emanzipation und ihre Texte wichtiger denn je.

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FORUGH FARROCHSAD
"Die Sünde"

Gesündigt habe ich, gesündigt voller Lust
In seinen feurigen, in seinen heißen Armen
Gesündigt habe ich mit wilder Leidenschaft
In seinen starken, festen Eisenarmen

Ich sah in seine unergründlich dunklen Augen
An jenem stillen Ort, fernab und ganz allein
Während das Herz mir raste voller Ungestüm
Ging ich auf seine sehnsüchtigen Augen ein

An jenem stillen Ort, fernab und ganz allein
Saß ich an seiner Seite, ganz verstört
Erregung floß von seinem Mund auf meine Lippen
Dann hat mein Herz zu rasen aufgehört

Ein Liebesmärchen flüsterte ich ihm ins Ohr:
Dich will ich, dich allein, du bist mein Leben
Dich will ich, denn in deinen Armen leb ich auf
Dir will ich, du mein wilder Liebster, mich hingeben

Im Becher funkelte der rote Wein
In seinen Augen funkelte die Lust
Und auf dem weichen Lager zitterte mein Leib
Vor Trunkenheit auf seiner nackten Brust

Gesündigt habe ich, gesündigt voller Lust
Sein Körper zitterte, er sprach kein Wort
Du großer Gott, ich weiß nicht, was ich tat
Fernab und ganz allein an jenem stillen Ort

Quelle: Forugh Farrochsad "Jene Tage", Sujet Verlag, 2021.
Übersetzt von Kurt Scharf. Cartoons von Lothar Bührmann.

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* Wer mehr von Forugh Farrochsad lesen möchte, dem empfehle ich die Taschenbuchausgabe im exquisiten Sujet Verlag:
Forugh Farrochsad "Jene Tage", Sujet Verlag, 2021.
Link zum Sujet Verlag: https://sujetverlag.de/buecher/forugh...

Mir ist trotz mehrwöchiger Recherche, u.a. über den Suhrkamp Verlag, nicht gelungen, Kontakt zu den Rechteinhabern zu bekommen, um deren Erlaubnis zur Veröffentlichung meiner Lesung zu erhalten. Bitte melden Sie sich bei mir, siehe Kontakt in meiner Kanalübersicht.

Bleibt kritisch,
Volker

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