Otto Rehhagel: Ein philosophisches Gespräch / mit Norbert Kron ARTstories

Als einer der erfolgreichsten deutschen Fußballtrainer war Otto Rehhagel immer auch Philosoph. Ob er die Griechen gegen alle Prophezeiungen zur Europameisterschaft führte oder mit Werder Bremen dem kapitalistischen FC Bayern die Vereinstitel wegschnappte, er griff dabei stets auf die deutschen Klassiker zurück und würzte sie mit seiner typischen Lebenschuzpe. Was kann man von "König Otto", der heute 81 ist, an Lebensweisheit lernen? Darauf antwortet Rehhagel in einem kleinen sokratischen Dialog, den ich mit ihm in seinem angestammten Habitat führte, der Umkleidekabine. "Die Wahrheit liegt auf dem Platz" oder "Modern spielt, wer gewinnt" sind ja nur einige seiner klugen Prägungen, die im Sport wie im Berufsleben gelten. Sein humoristischer Weltblick lässt bei allem Siegeswillen immer auch eine große innere Gelassenheit erkennen: "Mal verliert man - und mal gewinnen die anderen." Ist es Bescheidenheit oder Schicksalsgläubigkeit, wenn er die "Konstellation" einer Mannschaft höher wertet als den Einfluss des Trainers? Wie weit kann der Mensch über sein Leben mit Erfolg bestimmen, wenn er die "kontrollierte Offensive" zur obersten Handlungsmaxime erhebt? Und was wäre Rehhagel ohne seine Frau Beate und die Ehe? Zitat, zur Erinnerung: "Ich schätze es, wenn Fußballer verheiratet sind, denn die eigene Frau ist das beste Trainingslager." (Das Gespräch fand vor dem Länderspiel der deutschen Autorennationalmannschaft gegen die norwegischen Schriftsteller am 19.10.2019 auf Einladung der DFB-Kulturstiftung zur Frankfurter Buchmesse bei der SG Bornheim statt. Endergebnis 5:3 für Deutschland, ein weiterer Triumph in Rehhagels Karriere.)